Wish to be in L.A.

Interview mit Reamonn Gitarrist Uwe Bossert

Besser konnte es einfach nicht laufen: Mit der Rock-Hymne „Supergirl“ hatten Reamonn bereits auf ihrem Debüt-Album „Tuesday“ aus dem Jahr 2000 einen Song am Start, der die Substanz besaß auch international für Aufsehen zu sorgen: was folgte war ein geradezu beispielloser Aufstieg. Nach dem Mega-Erfolg ihres 2003er Platin-Albums „Beautiful Skies“ und ausgedehnten Tourneen durch aller Herren Länder, verordneten sich die Fünf im Frühjahr 2005 eine kurze kreative Pause. Mit dem neue Album „Wish“ melden sich Reamonn jetzt eindrucksvoll zurück. Das PG Team nutzte die Promo-Tour zu einem intensiven Gespräch mit Gitarrist Uwe Bossert.

?PG: Uwe, seit eurem letzten Studioalbum ist jetzt eine ganze Zeit vergangen. Was ist in der Zwischenzeit passiert?

!Uwe Bossert: Nach unserer intensiven Arbeit in den letzten Jahren haben wir im Frühjahr 2005 eine dreimonatigen Kreativ-Pause eingelegt. Ich habe die Zeit genutzt um in New York Unterricht bei einem Jazz-Gitarristen zu nehmen. Im Sommer fingen wir dann mit dem Songwriting für das neue Album an. Anschließend haben wir uns nach L.A. verdrückt um „Wish“, unser viertes Album, aufzunehmen.

?PG: Wieso gerade Los Angeles?

!UB: Das hat unmittelbar mit unserem neuen Produzenten Greg Fidelmann zu tun. Greg zieht die Arbeit in L.A. vor und würde wirklich nur im äußersten Notfall (lacht) woanders aufnehmen. Hier hat er seine Connections, kennt alle Studios!

?PG: Wie seit ihr auf Greg gekommen?

!UB: Schon im Vorfeld der Produktion waren wir uns einig, dass wir unsere Songs diesmal als Band in einer Art Live-Situation aufnehmen wollten. Also mussten wir einen Produzenten finden, der uns in diesem Vorhaben unterstützt. Wir haben uns dann mit insgesamt vier Produzenten getroffen, die in die engere Auswahl kamen und bei Greg hat es sofort gefunkt. Er war super vorbereitet, kannte alle Songs und liebte unsere Musik. Außerdem hat uns seine Arbeit mit Leuten wie den Chili Peppers oder Johnny Cash ziemlich beeindruckt. Nach dem Meeting war uns klar: Der oder keiner!

?PG: In welchem Studio habt ihr aufgenommen?

!UB: Im Sound City, einem echten Top-Studio – riesengroß, jede Menge Aufnahmeräume aber trotzdem sehr heimelig und mit einer wahnsinnig netten Crew. Wir haben die vier Monate wirklich genossen.

?PG: Für viele deutsche und europäische Musiker sind die USA produktionstechnisch so etwas wie der „Heilige Gral“ Jetzt habt ihr den direkten Vergleich. Ist die Arbeit wirklich so anders, so viel professioneller als in heimischen Gefilden?

!UB: Natürlich gibt es auch in Deutschland erstklassige Studios. Nicht umsonst kommen viele internationale Acts hier her, um ihre Alben zu produzieren. Für uns war aber von jeher klar, dass wir überall aufnehmen würden, nur nicht in Deutschland. Versteh mich nicht falsch! Das hat rein gar nichts mit der Qualität zu tun sondern viel mehr damit, dass unser Erfolg hier seinen Ursprung hatte und wir dementsprechend nie ungestört gewesen wären. Aber zurück zu deiner Frage. Der große Vorteil an L.A. war, dass wir hier tausend Einflüssen ausgesetzt waren. Eigentlich dachten wir immer so etwas würde uns nur ablenken – deshalb haben wir beispielsweise auch unser letztes Album in der Abgeschiedenheit der Toskana aufgenommen. Doch das Gegenteil war der Fall. Die Musikszene in L.A. ist auf allen Ebenen inspirierend. Hier herrscht eine unglaubliche kreative Energie. Während unserer Zeit im Sound City hat dort beispielsweise auch Ry Cooder einige Songs aufgenommen. Wann immer sich mir die Möglichkeit bot, habe ich ihm zugehört. Es war der absolute Hammer. Der Mann ist fantastisch! Ich konnte quasi gar nicht anders, als mir ein Slide zu schnappen und es in einigen Songs auf „Wish“ einzusetzen. Genau das ist es, was ich meine.

?PG: Habt ihr andere US-Stars hautnah erlebt?

!UB: Ja, klar. Wir probten in einem bekannten Rehearsal Studio in einem Industiegebiet im Valley Tür an Tür mit Steve Vai und Audioslave. In den Pausen haben wir zusammen rumgehangen und gequatscht. Alle waren absolut nett. So wie es sein muss, so wie man es sich vorstellt. Eine kleine Oase (lacht).

?PG: Hört sich verlockend an! Du erwähntest anfangs, dass ihr das Material live aufgenommen habt. Hattet ihr die Songs im Vorfeld bereits komplett fertig geschrieben, arrangiert und geprobt oder wart ihr noch offen für Anregungen von Seiten des Produzenten?

!UB: Wir sind als Band nicht so wahnsinnig offen – eher schwierig für einen Produzenten! Deshalb suchen wir ihn uns auch sehr genau aus. Wir brauchen jemanden, der eine sehr starke Meinung hat. Alles andere würden wir erst gar nicht akzeptieren! Greg hatte herausragende Ideen und war sehr einfühlsam. Trotzdem beschränkte sich sein Einfluss auf das Songwriting und die Arrangements nur auf Details. Viel wichtiger war seine Fähigkeit, die Dinge am laufen zu halten, zu schauen ob sich alle wohlfühlen oder zu vermeiden, dass sich jemand benachteiligt vorkommt – er übernahm also im Grunde genommen so eine Art Gruppenleiter-Funktion (lacht). Und nicht umsonst sind alle Top Produzenten in dieser Hinsicht bestens ausgestattet!

?PG: Wie habt ihr das „als Band aufnehmen“ realisiert? Hast du deine Amps während des Spielens mit einem Switching-System umgeschaltet?

!UB: Ich habe zwar versucht beim „Tracking“ immer mit durchgängigen Sounds zu arbeiten. Um das Umschalten während der Songs bin ich aber trotzdem nicht herum gekommen. Gott sei Dank kommt mein Switching-System sowohl mit der Spannungsversorgung in Europa, als auch den USA zurecht und ist auch qualitativ absolut studiotauglich. So hatte ich in dieser Hinsicht schon mal keine Probleme. Und nach den Aufnahmen der Basics im Bandkontext, haben wir ohnehin ganz normal mit Overdubs gearbeitet.

?PG: Welche Amps hast du verwendet?

!UB: Da ich wusste, dass Greg im Besitz einer beeindruckenden Amp- Sammlung ist, habe ich meine direkt zuhause gelassen und ausschließlich seine Verstärkern und Cabs eingesetzt. Als absolutes Highlight entpuppte sich dabei ein 50 Watt Marshall Plexi-Reissue Amp. Alle Regler auf „10“ und der Amp klingt wirklich „Over the top“ und „fuzzy“, ohne dabei zu irgendeinem Zeitpunkt einzubrechen, oder undifferenziert zu klingen. In dem Augenblick wurde mir klar, dass ich auch mein Live-Setup ändern muss (lacht)! Außerdem habe ich zwei JCM800 Tops aus den 80ern, eines mit 50 Watt und eine 100 Watt „2203“ Variante verwendet. Diese Amps hört man eigentlich auf der kompletten Scheibe – immer dann, wenn die Gitarrensounds etwas härter sind.

?PG: Wie sieht es mit den Gitarren aus?

!UB: Ich bin wirklich eingefleischter Gibson-Fan und habe eine umfangreiche Sammlung. Neben meiner weißen ES-335 kam eine 1964er ES-335 zum Einsatz, die ich vor zwei Jahren einem alten Jazz-Musiker abgekauft habe. Die Gitarre hat alte P.A.F.s drauf und klingt einfach fantastisch. Neben den beiden ES habe ich meine weiße Custom Les Paul und eine L-5 gespielt. Außerdem hat Greg mir eine erstklassige Goldtop Les Paul und eine SG geliehen, die beide auf „Wish“ ziemlich häufig zu hören sind.

?PG: Uwe, vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit eurem neuen Album!


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