Vox Brian May Special Amp VBM-1

Legende im Quadrat

ein Test von Hansi Tietgen

Brian May ist Kult. Tatsächlich hat kaum ein Musiker den Sound des Rock so massiv mitgeprägt, wie der Queen Gitarrero. Einen maßgeblichen Anteil an der unverkennbaren Signature Performace Brians haben dabei, neben seiner einmaligen Spielweise, ganz sicher die legendäre AC 30 Wand und seine einzigartige Gitarre, die Red Special. So viel zum bekannten Teil der Geschichte. Was viele nicht wissen ist, dass Mr. May etliche seiner Trax mit einem von Band-Mate John Deacon in den 70er Jahren gebauten Mini-Amp eingespielt hat. Interner Name des geheimnisumwobenen Tools: Der Deacy-Amp! Mit dem brandneuen Brian May Special Amp VBM-1 präsentiert Vox jetzt einen Verstärker, der in enger Zusammenarbeit mit dem Maestro entstand und mit dem es gelungen ist die originellen und wunderbaren Klangeigenschaften des Originalamps, eins zu eins nachzuempfinden. Man darf also gespannt sein.

Histörchen

Bevor wir uns aber dem eigentlichen Test zuwenden, wollen wir uns zunächst einmal ein wenig mit den Eigenschaften und der Entstehungsgeschichte des Originals beschäftigen. Der Deacy-Amp wurde 1970/71 von Queen Bassist John Deacon gebaut. Der Legende zufolge verwendete der findige John dabei Bauteile, die er im Vorfeld aus einem Abfallcontainer "gerettet" hatte. Tatsache ist, dass sich die im Deacy-Amp zum Einsatz kommende Schaltung auf eine sogenannte Mullard-Schaltung zurückführen lässt, eine Halbleiter-Serienplatine also, die ursprünglich sehr wahrscheinlich in einem "entsorgten" Autoradio Dienst tat.

Die auf diese Weise zweckentfremdete und modifizierte Verstärkerplatine montierte John kurzerhand in eine kompakte HiFi Regalbox. In Verbindung mit der Tief- und Höchtönerkombination der Box, liefert der von einer 9 V Batterie angetriebene "Recycling-Amp" sage und schreibe 0,45 Watt. In der Folgezeit fanden John und Brian schnell heraus, dass der Amp in Kombination mit dem ebenfalls selbstgebauten Treble-Booster Pedal und der "Red Special" Gitarre (natürlich auch ein Selbstbau) einen unverwechselbaren und äußerst angenehmen Sound produzierte.

Und genau dieser Sound war es, der fortan die markanten Leads und Riffs des Ausnahmekünstlers auf zahllosen Queen-Alben mit dem gewissen etwas versorgten sollte. Müßig zu erwähnen, dass Brian den empfindlichen Eigenbau hütete wie seinen Augapfel. Denn schließlich wäre ein Verlust des kleinen Helfers, gleichbedeutend mit dem Verlust eines wichtigen Parts seines einzigartigen Signature-Sounds gewesen. Doch trotz aller Vorsicht gestaltet es sich im Laufe der Jahre immer schwieriger dem fortschreitenden Verfall des Mini-Amps entgegenzuwirken. Zu allem Überfluss wurden in der Zwischenzeit auch die im Deacy verwendeten Bauteile und Lautsprecher nicht mehr produziert und selbst der für einen reibungslosen Betrieb notwendige Batterie-Typ, war längst nicht mehr überall erhältlich. Für einen vielbeschäftigten Musiker wie Brian alles in allem eine unhaltbare Situation. Vor dem Hintergrund dieser Tatsachen kontaktierte Brian seinen Freund Steve Grindrod, den Leiter der Vox-Entwicklungsabteilung.


In einem ausführlichen Gespräch entschied man sich dazu, eine All-In-One Lösung zu konzipieren in der, neben einer Eins-zu-eins Kopie des Deacy-Amps, auch der selbstentwickelte Treble-Booster zum Einsatz kommen sollte. Zusätzlich dazu legte man Wert darauf den "Neuen" mit Regelmöglichkeiten auszustatten, die das Original nicht besaß. Brians Wunsch war außerdem, den Amp in einer Preisklasse anzusiedeln, die ihn für jederman erschwinglich machte.

Das Ergebnis der Entwicklungsarbeit ist der uns zum Test vorliegende Brian May Special, ein Amp zu dem Brian May folgendes Statement abgab:

Jahrelang habe ich mich gefragt, was ich eigentlich tun würde, wenn der Deacy Amp einmal seinen Geist aufgeben würde! Zusätzlich dazu bin ich unglaublich oft gefragt worden, wo man einen derartigen Verstärker kaufen kann um solch grundverschiedene Sounds zu erzeugen wie bei "Fairy Fellerīs Masterstroke" von Queen 2 oder "Bijou" vom Innuendo-Album. Nun....jetzt ist er hier! Ich kann jedenfallsmit voller Überzeugung sagen, dass Steve Grindrod & Vox jetzt wissen wie sie mir - und dir - einen unbegrenzten Soundreichtum bieten können, der sich NIEMALS aus einem Amp-Simulator herausquetschen ließe!!!


Bedienung und Konzept
Die Details

Anders als das Original, das wegen seiner "Herkunft" einen eher eigenwilligen Weg geht, kommt der 10 Watt starke Brian May Special als typischer Comboamp. Das kompakte, geschlossene Gehäuse (BxHxT 338x300x175 mm) besteht aus MDF und ist mit einem strukturierten, weißen Kunstlederbezug bezogen. Zwei dünne, goldene Zierstreifen laufen parallel um das Gehäuse und sorgen für ein standesgemäßes Outfit. Die Front ist mit einem Stoff im legendären Vox-Rautenmuster Design bespannt. Dahinter verbirgt sich ein speziell angepasster 6,5 Watt Speaker. Das Elektronikchassis wurde voxtypisch von oben in das Gehäuse eingehängt. Dabei ist die Bedienoberfläche des Amps leicht versenkt und mit den kultigen Vox Chickenhead Potiknöpfen ausgestattet.

Die Treble-Booster Stufe des Amps ist eine eins zu eins Kopie des von Brian selbstgebauten Booster-Pedals. Der Intensität des Boostings lässt sich mit Hilfe des Gain-Reglers justieren. In niedrigen Einstellungen liefert der Amp fast cleane Sounds. Ein Drehen im Uhrzeigersinn erhöht die Sättigung und damit die Intensität der Verzerrung. Bei voll aufgedrehtem Gain und aktiviertem Hi-Gain Modus entspricht der gelieferte Sound dem des Original Treble-Boosters. Über den Booster-Outlässt sich das in der Booster-Stufe erzeugte Signal abgreifen und zum pushen der Vorstufe eines externen Verstärkers nutzen. Die Intensität des ausgegebenen Signals lässt sich ebenfalls mit dem Gain-Regler kontrollieren.


ÜBRIGENS: Brian nutzt den selbstgebauten Treble-Booster um seinen Vox AC-30 Amps odentlich Dampf zu machen. Durch den Booster-Out bietet auch der kleine Special die Möglichkeit, einem separaten Röhrenamp auf die Sprünge zu helfen (siehe auch PG Gear Check).

Die nächste Station im Signalfluß des Amps ist die sogenannte Preamp/Treiber-Stufe. Sie steht für den "Deacy-Part" des Specials und wurde dem Original mit viel Liebe und Akribie nachempfunden.Die veralteten Germanium-Transistoren des Amps wurden durch moderne Silizium PNP Versionen ausgetauscht. Um dennoch gewährleisten zu können, dass der erzeugte Sound so nah wie möglich am Original bleibt, wurden die verwendeten Bauteile nach speziellen Kriterien ausgesucht und durch eine entsprechende Zusatzschaltung in Richtung "Deacy" getrimmt. Die Zwischentreiberstufe wurde durch eine Trafosimulation ersetzt, die in der Lage ist, die Leistung des Original-Trafos zu emulieren, sie nachzuempfinden.

Um die Bandbreite der bereitgestellten Sounds weiter zu erhöhen, hat man sich gemeinsam mit Brian dazu entschlossen einen zusätzlichen Gain-Umschaltkreis hinzuzufügen, mit dessen Hilfe sich zwei grundsätzliche Gain-Stufen (Hi/Low) abrufen lassen. Ebenfalls neu ist der Tone-Regler sowie eine Speaker-Simulation (wie gesagt: Der Original-Deacy hat keine Regler). Die Recording/Headphone Buchse liefert ein Line-Out Signal, das sich sowohl zum Betreiben eines Kopfhörers, als auch zur Weiterverarbeitung in einem entsprechenden Mischpult bzw. Aufnahmegerät eignet. Um eine absolute Authentizität der Amp-Performance gewährleisten zu können, haben die findigen Vox-Techniker sogar die Stromversorgung des Brian May Specials so konzipiert, dass sie in der Lage ist die Eigenschaften der ursprünglichen Batterieversorgung des Deacy eins zu eins zu simulieren. Wenn schon, denn schon!


Die Praxis

Zunächst einmal wollen wir uns den Amp als Komplettpaket vornehmen. In dieser Konfiguration, so verspricht es das Manual, liefert der Amp den Sound, den Brian dem Deacy mit Hilfe seines legendären Treble-Boosters entlockt. Als Testgitarre kommt, in Ermangelung einer "Red Special", eine MusicMan Axis Supersport zum Einsatz. Daran soll es nicht hängen. Wir starten unsere Experimente bei aktiviertem HiGain und nahezu voll aufgedrehtem Gain. Und tatsächlich! Das Manual hat nicht zuviel versprochen. Es ist wirlich verblüffend, wie authentisch der Amp den kultigen Brian May Signature Sound nachempfinden kann. Ohne großartige Reglerorgien liefert der kleine Combo Kult pur. Der typische, leicht raue Sound, lässt sich hervorragend spielen und weckt unmittelbar Erinnerungen an unzählige Songs der Mega-Band (siehe Audios PG Gear Check). Der hinzugefügte Tone-Regler arbeitet sehr effektiv und kann dabei helfen, die Amp-Performance an den persönlichen Geschmack anzupassen. Überhaupt kann man Ergänzungsmaßnahmen wie Hi/Low Gain Schalter, Gain und Tone als gelungen bezeichnen. Sie erweitern das Soundspekrum enorm, ohne dabei jedoch Gefahr zu laufen den Original Brian May Sound aus den Augen zu verlieren. Alles in allem bietet der "Kleine" also alles was das Herz eines echten Queen Fans begehrt (und mehr). Aber eines sollte klar sein: Der Brian May Special ist sicher kein Allround-Amp. Dafür wurde er nicht gemacht und das ist auch gut so.

Kommen wir zum zweiten Einsatzgebiet des kleinen Riesen: Dem Amp als Treble-Booster. In diesem Betriebsmodus lässt sich der "Special" wie Brians geniales Treble-Booster Pedal einsetzen.

Er ermöglicht es also, einem externen (am besten) Röhrenamp mehr Dampf zu machen und ihm so ein Plus an Gain und Sustain anzuerziehen. Um möglichst mayauthentisch zu bleiben, haben wir uns für diesen Teil des Tests einen Vox AC 30 ausgeliehen. Denn Fans wissen: Brian nutzt seinen Treble-Booster um der imposanten AC-30 Wand gehörig in den (man verzeihe die Formulierung) Hintern zu treten.

Die Verkabelung ist denkbar einfach. Mit Hilfe eines Patch-Kabels verbindet man den Treble-Booster Out des Specials mit dem Input des externen Amps und schon kann´s losgehen. Die Justierung der Stärke des ausgegebenen Signals erfolgt anhand des Gain-Reglers des Brian May Specials. Alle anderen Regler sind im "Treble-Booster Modus" deaktiviert. Und auch in dieser Set-Up Variante überzeugt der kleine Amp auf der ganzen Linie. Mit seiner Hilfe lassen sich dem im Normalfall nicht besonders zerrfreudigen AC-30 sahnige, sustainreiche Leadsounds entlocken, die, wie soll es anders sein, in bester Brian May Manier daherkommen. Der Sound ist differenziert und natürlich und lässt sich hervorragend spielen (siehe auch Audio PG Gear Check). Neben typischen May-Sounds, lassen sich dem Amp in diesem Mode allerdings auch viele andere Soundvarianten entlocken. So sind bei reduziertem Gain coole, blueschrunch Sounds genauso möglich, wie fettes, druckvolles Riffing. In Verbindung mit der Klangregelung des "Zielamps" lässt sich eine extrem breite Palette gängiger Gain-, und HiGain Sounds abdecken.


Fazit
Specs

  • Amp: Brian May Special VBM-1
  • Hersteller: Vox
  • Ausgangsleistung: 10 Watt
  • Speaker: 1x 6,5"
  • Eingänge: Input
  • Ausgänge: Booster-Out, externer Speaker-Out, Kopfhörer/Line-Out
  • Regler: Gain, Tone, Volume
  • Schalter: Netzschalter, Gain (Hoch/Niedrig)
  • Abmessungen (BxHxT): 338x300x175 mm
  • Gewicht: 5,6 Kg
  • Preis: 225 Euro u.v.P

  • Mit dem Brian May Special ist Vox einmal mehr ein richtig großer Wurf gelungen. Und dabei sind es nicht nur die superauthentischen, sehr speziellen Brian May Deacy Sounds, die begeistern. Die Möglichkeit das Signal des integrierten Treble Booster separat abzugreifen und es dazu zu nutzen, externen Röhrenamps gaintechnisch auf die Sprünge zu helfen, machen den kleinen Wilden zu einem "Verzerrer-Deluxe" und verleihen ihm "Allround-Status". Der Brian May Special wird Queen Fans glücklich machen und Fans gainschwächerer Röhrenamps begeistern. Und das alles zu einem Preis, der sich wirklich sehen lassen kann.

     

    Hansi Tietgen

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