(Je nach der zur Verfügung stehenden Bandbreite kann es passieren, dass der Ladevorgang für diesen Flash-Film (ca. 430k) ein paar Minuten dauert. Du kannst die Zeit nutzen und dir in der Zwischenzeit schon einmal den Testtext hier unten durchlesen.)
Im Test: Warwick Thumb Bass 5-String

von Oliver Poschmann

Als ich vor kurzem das Debut-Album L.D.50 der amerikanischen Band Mudvayne hörte, fiel mir sofort der außergewöhnlich gute Bass-Sound von Ryan Martini auf. Ryan ist ein großer Fan von Warwick-Bässen und spielt zur Zeit ausschließlich Instrumente der Thumb-Bass-Reihe. Anlass genug, genau dieses Modell einmal einem ausgiebigen PG-Test zu unterziehen, denn wann hört man schon einen Bass-Sound, der sich durch sein Durchsetzungsvermögen so sehr von der Masse abheben kann, wie der Thumb Bass.

Zum Test wurde uns ein Warwick Thumb-Bass 5 mit durchgehendem Hals zur Verfügung gestellt. Der Korpus besteht aus rotbraunem Bubinga und besitzt eine schlanke, gewölbte, absolut ergonomische Form. Die Schlankheit des Bodies verleiht dem Bass eine sehr elegante, luxuriös anmutende Form. Aufgrund der Holzauswahl ist der Bass nicht gerade ein Leichtgewicht, jedoch wurde hier durch geschicktes Minimieren des Materials an entscheidenden Stellen ein guter Kompromiß zwischen gewünschten Klangeigenschaften und benutzerfreundlichem Handling gefunden Der beschriebene Bass ist nicht lackiert, sondern wird im matten Oil-Finish angeboten. Die Oberfläche ist mit Bienenwachs behandelt, von dem übrigens auch eine Dose zur Weiterpflege des Holzes, im Lieferumfang des Basses enthalten ist.

Der durchgehende Hals besteht aus Ovangkol mit Wenge-Griffbrett und ist 7-fach laminiert. Der Hals ist im Umfang etwas kräftiger, als bei vergleichbaren Modellen, bedarf allerdings keiner längeren Gewöhnung. Der Zugang zum Halsstellstab liegt oberhalb des Sattels an der Kopfplatte und ist von einer abnehmbaren schwarzen Blende mit Thumb-Bass Emblem, modisch verdeckt. Sämtliche Verarbeitungen an Korpus und Hals sind tadellos vorgenommen worden.

Auf dem leicht gewölbten Griffbrett befinden sich 24 Jumbo-Bünde aus sogenanntem Glockenmessing, einer Silber-, Bronze-Legierung (Messing-Legierung), die vor allem bei der Glockengießerei zum Einsatz kommt Warwick verwendet diese Legierung bereits seit vielen Jahren und hat mit dem Material sehr gute Erfahrungen gemacht. Da es sich hierbei um eine Messinglegierung handelt, weist Warwick bereits im (ebenfalls im Lieferumfang enthaltenen) Owners-Manual darauf hin, dass die Bünde im Laufe der Zeit anlaufen können, eine Tatsache die aber weder Bespielbarkeit, noch Klang beeinflusst und durch polieren wieder beseitigt werden kann. Wie sagte schon Motown-Genie James Jamerson?: The dirt keeps the funk.... Der Hals lässt sich bis hinauf zum 22. Bund sehr komfortabel bespielen. Das Griffbrett liegt optimal in seiner Höhe zur Korpusdecke, so dass der verbleibende Höhenspielraum zwischen Saite und Korpus optimal für alle Spieltechniken geeignet ist. Eine Tatsache die, in Verbindung mit der gewölbten Korpusform, gerade den Slapfreunden entgegen kommen dürfte.

Die Hardware stammt aus Warwicks eigener Produkt-Reihe. Die Mechaniken sind klein und geschlossen und funktionieren erwartungsgemäss weich, sanft und stimmstabil. Die Kopfplatte ist leicht nach hinten geneigt und macht dadurch jegliche zusätzliche Vorrichtung zur Saitenführung in Richtung Sattel überflüssig. Der Just-A-Nut II Sattel ist eine Warwick Entwicklung, die es ermöglicht, den Graphit-Sattel mit zwei Imbusschrauben in seiner Höhe zu verstellen (ohne die Saiten zu entfernen), was dem Benutzer die Möglichkeit gibt, die Sattellage nach seinen persönlichen Präferenzen einzustellen, ohne jegliche Feilarbeiten vornehmen zu müssen. Die Saitenaufhängung erinnert, von oben betrachtet, an einen schmalen Drachen und ist eine Easy-Access Aufhängung, das heisst: Kein Fummeln, kein Zwirbeln, die Saite wird einfach eingehängt und ermöglicht so einen schnellen, unkomplizierten Saitenwechsel.

Die multidimensionale Bridge ist ein kleines Meisterwerk. Sie ist zum Einen komplett in Höhe und Neigung verstellbar, zum Anderen lassen sich alle Reiter und Böckchen einzeln, dreidimensional verstellen. Das heisst im Klartext in Höhe/Tiefe, in Richtung zur Saitenachse, zur Intonationseinstellung und zusätzlich seitlich, zur Justierung der Saitenabstände zueinander. Die letztgenannte Eigenschaft fehlt den meisten Bridgekonstruktionen oder ist nur unausgereift umgesetzt. Bei der Warwick-Bridge lässt sich die Einstellung, dank des ebenfalls im Lieferumfang enthaltenen Bordwerkzeugs, sehr leicht ausführen und durch Arretierschrauben dauerhaft verewigen. Wie bei allen multifunktionalen Bridgekonstruktionen muss auch hier betont werden, dass alle Optionen im Prinzip nur einmal wirklich optimal eingestellt werden müssen und man dann eigentlich kaum noch Gebrauch davon machen muss. Man braucht sich also auch nicht vor "zu vielen Möglichkeiten" zu fürchten, sondern kann sich eher über ein optimal eingestelltes Instrument freuen.

Der Thumb-Bass ist mit zwei aktiven MEC JJ5 Tonabnehmern und aktiver 3-Wege Elektronik ausgestattet. Die Tonabnehmer sind eigenwillig diagonal und relativ nahe der Bridge, angeordnet. Beide Tonabnehmer liegen recht eng zusammen (22mm; bei einem Jazzbass sind es im Vergleich ca. 70mm). Die Schräglage der Pick-Ups ist so angelegt, dass die tiefen Saiten in Bridgenähe, die hohen Saiten mehr in Halsrichtung abgenommen werden, was eine definiertere Klangstruktur im Bereich der tiefen Notenlagen begünstigt. All das, in Verbindung mit den Klanghölzern - die Klangregelung noch ganz ausser Acht gelassen - bildet den Grundstock des typischen Thumb-Bass-Sounds.

Die Klangregelung wird mit drei Potentiometern bedient. Das vordere Poti ist ein doppelstöckiges Tonabnehmer-Überblend/Volumen-Poti. Der untere Ring regelt stufenlos (mit Mittelraste) das Mischverhältnis der beiden Pick-Ups. Das obere Poti regelt die Lautstärke. Zusätzlich kann man durch ziehen dieses Potis, den aktiven Pre-Amp umgehen, womit die Klangregelung ausser Kraft gesetzt wird. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, durch einfaches Push-Pull dieses Potis, radikale Soundwechsel auszuführen. Das Mittenpoti ist sinnigerweise auch in der Mitte angebracht. Als drittes folgt das doppelstöckige Bass/Höhen-Poti. Alle Tonregler sind mit Mittelraste ausgestattet was ein leichtes Auffinden der Neutralstellung gewährleistet. Die Klangregelung arbeitet hervorragend und der Rauschabstand ist absolut studiotauglich.

Das Elektronikfach ist mit einer komfortabel von Hand zu öffnenden Abdeckung versehen, die alle fest verschraubten, einem Safe gleichenden, Elektronikfächer anachronistisch und zeitraubend erscheinen lässt. Die Elektronik und Verkabelung/Verlötung wirkt solide. Neben der Elektronik findet man hier die beiden 9 Volt Batterien zur Stromversorgung von Pick-Ups und Elektronik. Im Notfall lässt sich der Bass auch nur mit der hinteren der beiden Batterien betreiben (Bypass-Modus).

Der Sound: In den entscheidenden Punkten Klang und Spielverhalten, verhält sich der Thumb 5-String meisterhaft. Ungeheuer definiert gibt er die tiefe H-Saite wieder und im Studio ist die Durchsetzungskraft seines mittigen Grundklanges eine grosse Hilfe. Das Klangspektrum rangiert vom brutalen Metal-Pick-Sound über den schneidend scharfen Slap-Sound, der sich auf Grund der Pick-Up Anordnung eindeutig von der Jazz-Bass typischen Slapsoundcharakteristik unterscheidet, bis zum warmen, soulig grollenden groove- und fusionartigen Solo-Sound. Eine rundum als grossartige zu bezeichnende Palette an Sounds, die innerhalb eines Bandkontextes allesamt über grosse Durchsetzungskraft verfügen. Eine Tatsache die dem Mittenpunch des Basses zuzuschreiben ist. Der Bass - soviel kann man sagen - klingt einfach sehr speziell und individuell, was seinen grossen Reiz ausmacht.

Seine Bespielbarkeit ist äußerst komfortabel. Die Justiermöglichkeiten lassen keine Wünsche offen. Angenehm servicefreundlich gestaltet sich das grosszügige Lieferumfangpaket. Es beinhaltet ein komplettes Tool-Set zum Einstellen des Basses einschließlich Halsstellschlüssel, Bienenwachs, umfangreiches Bediener-Manual und eine Warwick Gig-Bag Royal Premium Line, die alleine schon einen Testbericht wert ist, da in ihr so viele geniale Ideen vereint sind, die, wegen ihrer ungeheuren Praxisnähe eigentlich nur von Anwendern stammen können.

FAZIT: Alles in allem ist der Thumb-Bass ein sehr schönes, vielseitiges Arbeitsgerät in der oberen Preiskategorie (empf. VK 2.845,- Euro/ca. 5.565,- DM), das mit Sicherheit eine Anschaffung fürs Leben darstellt, seinem Käufer lange Freude bereiten dürfte und es dem Tester äußerst schwer macht, sich wieder davon zu trennen...

Die Gigbag (RB 20705 B) gibt es übrigens auch im Einzelverkauf für ca. 80,- Euro/ca. 156,50 DM.

Als Referenzanlage für die Soundbeispiele wurde im Studio eine Glockenklang-Vorstufe ohne weitere Hinzunahme klangverändernder Geräte verwendet.

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