Yamaha AES 820 - Modern Vintage Style

ein Test von Hansi Tietgen

Seit vielen Jahren überzeugen Gitarren und Bässe aus dem Hause Yamaha mit innovativen Features und interessanten Designs. Neustes Pferd im Stall des multiaktiven Konzerns, ist die Yamaha AES 820, eine Singlecutaway Gitarre die -neben traditionellen Elementen- auch eine ganze Reihe sehr hilfreicher und effektiver Zusatzfunktionen zu bieten hat.

 

KK- Korpus und Konzept

Das der AES 820 zugrundeliegende Baukonzept ist mit dem Begriff Singlecut Design schnell und treffend beschrieben. Berühmteste Verwandte im Soildbody Business: Die gute, alte Gibson Les Paul. Sowohl in Sachen Korpus-Shaping, als auch in der Wahl der Mensur und Tonabnehmer-Bestückung (2x Humbucker), orientiert sich die AES 820 am bewährten Vorbild. Das war es aber dann auch schon (fast). Anders als die Paula, deren Body aus einer Mahagoni-Basis mit aufgesetzter Ahorn-Decke besteht, wird der "Körper" der AES aus einem massiven Stück Erle gefertigt. Das im Gitarrenbau sehr beliebte Tonholz, ist für seine sehr offenen, obertonreichen Klangeigenschaften bekannt und überzeugt durch eine gemäßigte, stilistisch universelle Performance. Das moderne Erscheinungsbild der AES wird maßgeblich von der ultramodern geformten Decke geprägt. Gerade im Bereich des Cutaways und der Ränder weist die Korpusvorderseite eine, sowohl optisch als auch ergonomisch, sehr ansprechend modellierte Form auf. Versiegelt wird der Erlen-Body durch eine hochglänzende, makellos aufgebrachte Metallic-Lackierung, die im Yamaha Katalog auf den Namen Light Brown Metallic hört.

Die AES 820 ist mit einer verchromten Tune-O-Matic Bridge ausgestattet. Die Saitenbefestigung erfolgt nach String Through Body Manier (die Saiten laufen in einzelnen Röhrchen durch den Korpus), eine Maßnahme, die das Sustainverhalten der Gitarre positiv beeinflusst. Optisch gelungen und dank Verchromung äußerst elegant, sind die sechs separaten String Anchors. Ihre Aufgabe ist es, die aus dem Korpus kommenden Saiten zielgenau an die Reiter der Tune-O-Matic Bridge weiterzuleiten.

Die beiden, von DiMarzio exklusiv für Yamaha produzierten Humbucker, sind direkt in den Korpus montiert. Geschaltet werden die Pick-Ups durch einen verchromten Drei-Wege Pickup-Wahlschalter. Interessant ist die Tatsache, dass die Yamaha Designer den Schalter leicht schräg einbauen ließen. So ist der "Selector", gerade wenn man zu denjenigen Vertretern der Zunft gehört, die das Instrument gerne mal lässig in der Kniekehlen-Gegend hängen lassen, wesentlich einfacher zu bedienen, als die normale vertikale Variante. Die BedienoberflächeDie Regelung aller anderen tonabnehmerbezogenen Angelegenheiten übernehmen drei formschöne, verchromte Potis die -mittels Fräsungen- leicht in die Oberfläche der Gitarre eingelassen wurden. Zwei der drei Regler übernehmen die Standard-Funktionen Tone und Volume. Dem dritten Poti fällt die Aufgabe zu, die smarte virtuelle Single-Coil Schaltung zu aktivieren. Dabei handelt es sich nicht wie üblich, um das konventionellen elektrische Abtrennen von jeweils einer Spule der beiden Humbucker. Yamaha beschreitet einen anderen, den elektronischen Weg. Eine clevere Filterung verleiht dem Signal den für Single-Coil Pick-Ups typischen Frequenzgang und versorgt die AES so mit einer Reihe sehr interessanter Zusatzsounds, ohne auf die geräuscharmen Vorzüge von Humbuckern verzichten zu müssen.

Kommen wir zur Rückseite der AES. Sie ist plan angelegt. Die Ränder wurden sauber verrundet. Ein ergonomisches Shaping im oberen Bereich sorgt dafür, dass sich der Korpus wohllieg anschmiegt. Unterhalb der sechs Röhrchen des String Through Body Systems, finden sich sechs Imbus-Schrauben mit deren Hilfe die String Anchor fest auf der Oberseite der Gitarre fixiert werden. Sehr interessant ist die schmal dimensionierte Kombination aus Klinkenbuchse und Elektronik-Fach Abdeckplatte. Die Buchse wurde schräg montiert, so dass Behinderungen durch das Kabel ausgeschlossen sind. Nach dem Aufschrauben der Abdeckung offenbart sich dem Betrachter ein aufgeräumtes Elektronik-Fach mit einer sauber verlöteten Verdrahtung der verwendeten Einzelkomponenten.

 

Der Hals

Der Hals der AES 820 wurde aus Ahorn gefertigt und in kontrastreichem matten Schwarz lackiert. Das Griffbrett besteht aus Palisander und ist mit zweiundzwanzig, perfekt eingesetzten und abgerichteten medium Jumbo-Frets beschlagen. In Sachen Mensur fiel die Wahl im Hause Yamaha auf die Scale 628 mm - eine sogenannte kurze Mensur, wie man sie auch von der Gibson Les Paul her kennt. Auf Hals-Inlays wurde bei der AES 820 gänzlich verzichtet. Für die nötige Orientierung sorgen kleine Dot-Inlays auf der Stirnsaite des Griffbretts. Das Hals-Shaping entspricht dem eines flachen D's und liegt sehr angenehm in der Hand. Die Verbindung des Halses mit dem Korpus erfolgt durch Verschraubung (Bolt-On Neck). Vier, in kleinen runden Ausfräsungen versenkte Schrauben, inklusive Unterlegscheiben, sorgen für perfekten Halt. Ein wohlgeformtes Shaping des Hals/Korpus Übergangs, ermöglicht ein ungehindertes Bespielen der hohen Lagen.

Ein silberner Schriftzug und eine kleine verchromte Glocke zur Abdeckung des Stahlstabs, verleihen der ebenfalls schwarz lackierten Kopfplatte der AES 820, ein schlichtes, aber edles Erscheinungsbild. Die matt verchromten Sperzel-Mechaniken sind perfekt angeordnet und sorgen so für einen optimalen Verlauf der Saiten durch die Sattelkerben. Das Verstimmen der Gitarre durch ein Verklemmen der Saiten im Sattel, ist somit nahezu ausgeschlossen.

 

Die Praxis

Die Gitarre hat ein angenehmes Gewicht und hängt sicher und ausbalanciert am Gurt. Das Shaping der Korpus-Rückseite sorgt dafür, dass das Instrument in jeder Position komfortabel zu spielen ist. Unverstärkt gespielt zeigt die AES 820, dass die klangliche Basis stimmt. Der Sound ist rund und ausgewogen, die Ansprache schnell und präzise. Bässe und Höhen kommen klar und differenziert rüber und auch das Sustain der Gitarre kann sich hören lassen.Besonders herauszuheben ist die hervorragende Bespielbarkeit der AES 820. Der Hals liegt sehr gut in der Hand und eine perfekt eingestellte Saitenlage läd zu den wildesten Solo-Orgien ein - und das ganz ohne "scheppern"!

Unsere verstärkten "Untersuchungen" starten wir im HiGain Betrieb und Humbucker Modus. Der custommade DiMarzio in der Bridge-Position überzeugt mit einer gehörigen Portion Power. Der Sound ist druckvoll und obertonreich und macht sowohl satte Riffs als auch sahnige Leads problemlos möglich. Unterstützt wird die Tendenz der Gitarre zu warmen, singenden Sounds durch die Tatsache, dass die AES mit einer kurzen Mensur ausgestattet ist. Trotz dieser Wahl, die ja bekannterweise schnell zu einer undifferenzierten Wiedergabe des Bassbereichs führen kann, bleiben hier die Bässe aber klar ortbar und auch tiefe Riffs im Drop D Tuning klingen satt und knackig. Ähnliches gilt auch für den Hals-Pick Up. Auch dieser ist von DiMarzio so konfektioniert worden, dass er ideal zum Grundklangbild der AES 820 passt. Er versorgt die Gitarre mit bluesigen, im positiven Sinne des Wortes- mittigen Sounds, die zu jeder Zeit griffig und klar rüberkommen. Als absolut effektiv erweist sich die virtuelle Single-Coil Schaltung. Obwohl zu keinem Zeitpunkt ein normales elektrisches Abkoppeln einer der beiden Spulen der Humbucker erfolgt, ist die Schaltung durch den cleveren Einsatz entsprechender Filter in der Lage, der AES authentische Single-Coil Sounds zu entlocken.

Das gleiche gilt übrigens auch für die Clean Sounds. Selbst funky Rhythm-Guitar Playing, erledigt die AES 820 ohne Probleme. Aber auch im normalen Humbucker-Modus, kann die Gitarre überzeugen und bedient mit einer flexiblen Palette interessanter und klassischer Sounds des Clean-Business.

 

Fazit

Der gelungene Mix aus traditionellen Merkmalen klassischen Single-Cut Designs und ultramodernen Elementen, wie der interessant geformten Decke, macht das Erscheinungsbild der neuen AES 820 zu einem Erlebnis der besonderen Art. Aber auch im Spielbetrieb heißt die Devise Best Of Both Worlds . Neben der äußerst flexiblen Performance, die die beiden custommade DiMarzio Humbucker im Standardbetrieb abliefern, sorgt eine spezielle Schaltung für hervorragende virtuelle Single-Coil Sounds-ganz ohne lästige Nebengeräusche. Verarbeitung und Bespielbarkeit der Gitarre sind vorbildlich und machen die AES 820 zu einem äußerst flexiblen Werkzeug für anspruchsvolle Gitarristen.

 

AES 820 Specs
  • Body: Erle
  • Hals: Ahorn, verschraubt (Bolt On)
  • Griffbrett: Palisander
  • Bünde: 22 medium Jumbo
  • Mensur: 629 mm
  • Halsbr. Sattel: 42 mm
  • Halsbr.12.Bd: 52 mm
  • Mechaniken: geschlossen
  • Bridge: Tune-o-Matic Bridge
  • Pickups: 2x Custommade DiMarzios
  • Regler: 2x Volume, 3-Wege Tone Control (Standard Humbucker, simulierter Singlecoil Sound, 1x Master Tone), 3-Wege Pickup Wahlschalter
  • Preis: € 835,- unv. Preisempf.

     

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